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„Darknet – Widersprüche, Gefahren und Chancen der digitalen Unterwelt“ – Veranstaltung der WJ Wetterau

Autor Stefan Mey entführte Zuhörer in die digitale Unterwelt

In geschlossenen Facebookgruppen werden wohl mehr Drogen vertickt als im Darknet

Auf eine Reise in die Tiefen des Darknets nahm Journalist und Autor Stefan Mey Mitte Oktober rund 100 Zuhörer in der Friedberger Stadthalle mit. Eingeladen zu dem spannenden Vortrag über ein hochbrisantes Thema hatten die Wirtschaftsjunioren Wetterau e. V., deren Geschäftsführer Kai Schelberg den Referenten vorstellte. „Das Darknet steckt voller Widersprüche, Gefahren und Chancen. Wir hoffen, dass Stefan Mey, ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet, Licht ins Dunkel bringt“, betonte er.

„Wir Menschen werden immer gläserner. Keiner kann existieren, ohne dass Daten von ihm im Netz landen. Das Darknet ist ein digitaler Ort, der sich mit technologischen Mitteln abschirmt und Anonymität bei der Nutzung herstellt“, erklärte Mey. Verbindungsdaten sowie Standorte und IP-Adressen von Rechnern würden verschleiert, Kommunikationsinhalte verschlüsselt. Zwar würde in der „digitalen Unterwelt“ mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, Drogen, Waffen oder noch Schlimmerem gehandelt, aber das Darknet sei auch ein Zufluchtsort für Whistleblower oder Oppositionelle. Gerade Whistleblower ständen regelmäßig vor dem Problem, wie sie sicher mit Medien kommunizieren könnten, ohne Spuren zu hinterlassen. Das Darknet böte hier eine ideale Lösung.

„Mit Hilfe der Software SecureDrop legen sich Medien eine eigene .onion-Adresse – man spricht hier vom Zwiebelnavigator – an und richten ein Postfach ein, über das Whistleblower ihre Dokumente hochladen können“, so der Experte. Alle Darknetadressen würden auf .onion enden. Als „alternative Zugangstür“ würde das Darknet bereits von Zeitungen wie der New York Times, der Süddeutschen oder der taz genutzt. „Ein Darknet lässt sich nicht mit herkömmlichen Internet-Browsern, sondern nur mit einer speziellen Software betreten“, erklärte er. Am bekanntesten sei das Darknet auf Basis der Software Tor, für das ein Anonymisierungsbrowser vorhanden sei. Da es dem normalen World Wide Web ähnele, werde es häufig auch „Dark Web“ genannt. Das Tor-Projekt habe seinen Sitz in den USA und gelte es „wichtigster Gegenspieler staatlicher Überwachung“. Mitte der 90er Jahre sei Tor an einem Forschungslabor der US-Marine entwickelt worden, und es werde noch heute zu 50 Prozent von der amerikanischen Regierung finanziert.

Wie im normalen Netz auch, gebe es im Darknet Suchmaschinen, wie beispielsweise „Ahmia“. „Die illegale Welt im Darknet scheint seltsam vertraut“, stellte Stefan Mey fest. „Sie erinnert an den klassischen Onlinehandel, wie wir ihn von Amazon oder Zalando kennen. Der Dark Commerce ist der kleine, gerne verschwiegene Bruder des E-Commerce und er hat viel von ihm gelernt.“ Sowohl in Aufbau als auch in der Funktionsweise würden die Marktplätze im Darknet ihren legalen Pendants im Internet gleichen. Angegeben würden die Preise in Euro oder US-Dollar, tatsächlich bezahlt werde über verschlüsselte Digitalwährungen wie Bitcoin. Und es gebe auch Regeln, auf Darknet-Märkten herrsche so etwas wie eine Untergrundmoral. Drogen, Medikamente, Falschgeld und mitunter auch Waffen dürften illegalerweise verkauft werden, die übelsten Dinge fänden dort aber nicht statt, vor allem Kinderpornographie sei dort tabu.

„Vieles ist illegal oder bewegt sich im Graubereich“, bedauerte Mey. So habe beispielsweise der Attentäter von München den Waffenverkäufer im Darknet kennengelernt.

Die Polizei stehe dem nicht hilflos gegenüber. So seien beispielsweise „Welcome to Video“ und „Elysium“, abgeschirmte Foren für Kinderpornographie, von verdeckten Ermittlern aufgedeckt worden. „This site has been seized“ würde auf Seiten stehen, die von der Polizei aufgrund ihres kriminellen Inhaltes beschlagnahmt worden seien. „Im geschlossenen Facebook werden vermutlich mehr Drogen vertickt als im Darknet“, stellt er fest. Da, ähnlich wie bei ebay, Verkäufer auch im Darknet bewertet werden müssten, könnten es sich die Anbieter nicht leisten, schlechte Ware zu verkaufen. „Eine solche Kontrolle gibt es in der Offline-Welt nicht. Drogen im Park zu kaufen gleicht eher einem russischen Roulette.“

Auch räumte der Experte mit Mythen, wie dem Kauf eines Auftragskillers im Darknet, der den ungeliebten Chef beseitigen soll, auf. „Solche Angebote sind, nachdem was man weiß, Fake. Man kann ja schlecht seine Bitcoins für einen nicht erfolgten Mord zurückverlangen oder zur Polizei gehen“, scherzte er. Insgesamt würden zwei Millionen Menschen weltweit Tor nutzen, 180.000 davon in Deutschland. Allerdings gingen nur drei Prozent von ihnen mit Tor wirklich ins Darknet.

„Unterm Strich bin ich froh, dass es das Darknet gibt“, lautete das Fazit von Stefan Mey. Denn es stelle ein Gegenmodell zum komplett überwachenden Internet dar. Allerdings müsse dringend eine funktionierende Selbstregulierung her.

Wer mehr über das Darknet erfahren möchte, sollte Stefan Meys Buch: „Darknet – Waffen, Drogen, Whistleblower. Wie die digitale Unterwelt funktioniert“ lesen.

Bus1: Stefan Mey gewährt Einblicke ins Darknet.

Bus2: Tolle Kulisse: Rund 100 Zuhörer in der Stadthalle Friedberg.

 

Petra A. Zielinski

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